Schulsozialarbeit in Zeiten der Corona-Pandemie – Stellungnahme

14. Juni 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 12.5.2020 trafen sich 16 Delegierte aus 11 Bundesländern sowie 3 Gäste
aus zwei weiteren Ländern zum digitalen Bundesnetzwerktreffen Schulsozialarbeit und tauschten sich intensiv über die Bedingungen von Schulsozialarbeit während der Corona-Pandemie aus.

Deutlich wurde im Ländervergleich, dass nach anfänglich hoher Herausforderung die Chancen der Krise bewusst mit der Intention wahrgenommen werden, diese in aktives Handeln münden zu lassen, indem neue Handlungsansätze entwickelt und verstetigt werden.

Schulsozialarbeit hat sich als wichtiger Bestandteil an Schule bewährt und erlangt während der Coronazeit nochmals mehr Bedeutsamkeit. In Anbetracht der derzeitigen Situation und zunächst aufgrund der Schulschließungen und nun bei stufenweiser Öffnung ist es Aufgabe der Schulsozialarbeit, die Bedarfe neu zu definieren, Angebote für Kinder, Jugendliche, deren Familien und das Kollegium neu zu konzipieren und an der (digitalen) Weiterentwicklung des eigenen Handlungsfeldes zu arbeiten. Die Schulsozialarbeit kreiert innerhalb der sich permanent ändernden Vorgaben unermüdlich Möglichkeiten, Kontakt zu Schülerinnen und Schülern zu halten bzw. sich effektive Zugänge zu Kindern und Jugendlichen sowie deren Eltern zu erschließen.

Wie alle Berufsgruppen in Schule hat die Schulsozialarbeit zunächst den Blick darauf gerichtet, dass die berufsspezifische Arbeit den nun neuen Rahmenbedingungen in Gesellschaft und Schule mit Blick auf die gesundheitlichen Themen aller und unter der Beachtung der Hygienepläne in den jeweiligen System angepasst wird.

In den Schulen bzw. in der Beschulung wurde anfangs zunächst der Blick darauf gerichtet , Lern- und Unterrichtsmaterial für die Schülerinnen und Schüler bereitzustellen und sie im Lernprozess weiter zu begleiten. Schulsozialarbeit nimmt auch die soziale-lebensweltliche Dimension und das darauf bezogene pädagogische Handeln in dieser besonderen Krisensituation in den Blick.

Das Bundesnetzwerk Schulsozialarbeit ist sich einig: Schulsozialarbeit muss trotz oder besonders wegen der Krise wieder verstärkt in die Debatte um bildungspolitische Fragen einbezogen werden.

Aktuell ist zu befürchten, dass die Corona-Krise die Schere der Bildungsungerechtigkeit erneut vergrößert. Kinder und Jugendliche haben nicht gleichermaßen die Chance, adäquat digitale Lernangebote wahrzunehmen, sei es aufgrund mangelnder Ausstattung oder mangelnder Möglichkeiten von Hilfestellungen innerhalb und außerhalb der Familie. Das Bundesnetzwerk Schulsozialarbeit plädiert für eine Aufstockung der BuT- Mittel für Familien zur Optimierung digitaler Ressourcen.

Die Rahmenbedingungen von Schulsozialarbeit müssen neu gedacht werden. Home-Office ist auch in diesem Bereich zum neuen Arbeitsplatz geworden. Dies erfordert auch, dass entsprechende (digitale) Ausstattung für Schulsozialarbeit zur Verfügung gestellt wird.

Das Bundesnetzwerk Schulsozialarbeit fordert die Sicherstellung einer datenschutzrechtlich abgesicherten Infrastruktur, die die Anforderungen an die Schulsozialarbeit (Verschwiegenheit § 203 StGB) angemessen gewährleisten.

Schulsozialarbeiterinnen werden weiterhin zunächst ihren berufsspezifischen Aufgaben mit Blick auf Kinder und Jugendliche in Schule und Jugendhilfe gerecht. Schulsozialarbeiterinnen gehören zu einer Berufsgruppe, die weiterhin unter prekären Arbeitsverhältnissen arbeitet (befristete Finanzierungsprogramme, keine angemessen Tarifierung, Trägervielfalt) und die derzeit in vielen Ländern erneut um die finanzielle verlässliche Arbeitssicherung ringt. Weiterhin wird die Fachaufsicht von Schulsozialarbeit häufig durch andere Berufsgruppen wahrgenommen bzw. häufig mit wenig Stunden geleistet, weshalb die Positionierung von Schulsozialarbeit erschwert wird. Landesverbände und Landesnetzwerke von Schulsozialarbeiterinnen und das Bundesnetzwerk Schulsozialarbeit arbeiten weitestgehend ehrenamtlich und Geschäftsstellen mit hauptamtlichen Schulsozialarbeiterinnen und Finanzetats fehlen.

Als Berufsgruppe Schulsozialarbeit und als ehrenamtlich Aktive halten wir es für an der Zeit, dass sich die Wissenschaft und die Medien/Presse zunehmend mit den derzeit fehlenden träger- und schulformübergreifenden Qualitätsstandards von Schulsozialarbeit auseinandersetzt und hier klare unterstützende Rahmenbedingungen benennt, die notwendig sind, damit grundsätzlich und auch in Krisenzeiten die Schulsozialarbeit von Beginn an gleichwürdig, gleichrangig Thema ist.

Das Bundesnetzwerk Schulsozialarbeit fordert die Politik und Wissenschaft auf, die gemeinsamen Ziele in den Blick zu nehmen! Arbeiten Sie mit uns daran, dass die Themen, an denen Schulsozialarbeiterinnen arbeiten, in den öffentlichkeitswirksamen Diskurs gelangen. Beschreiben Sie die derzeitigen Arbeitsbedingungen von Schulsozialarbeiterinnen und erforschen Sie, welche benötigt werden.


Das Bundesnetzwerk Schulsozialarbeit fordert Wissenschaft, Forschung und Presse/Medien auf, sich mit den Landesverbänden der Schulsozialarbeit und dem Bundesnetzwerk Schulsozialarbeit in Verbindung zu setzen, um fachliche Expertise einzuholen!

Mit freundlichen Grüßen,
Tanja Sündermann,
Sprecherin Bundesnetzwerk Schulsozialarbeit